Feedback Design – Warum jede Interaktion eine Reaktion braucht
Bei jeglicher Kommunikation wird der Mensch auf die ein oder andere Weise mit Feedback konfrontiert – Rückmeldungen darüber, wie eine Äußerung, Handlung oder ein Verhalten auf eine andere Person oder Personen wirkt. Dabei zeigt die Reaktion des Kommunikationspartners nicht nur an, ob die Verhaltensweise verstanden wurde. Sie hat zudem auch die Eigenschaft eines Korrektivs, indem die Rückmeldung zu einer bestimmten Verhaltensweise oder -änderung führt, die Feedback-Geber und -Nehmer wechselseitig bedingen kann.
Diese Wechselbeziehung zwischen zwei Kommunikationspartnern bildet auch die Grundlage für die Mensch-Maschine-Interaktion, bei welcher der Nutzer durch ein Interface mit einem automatisierten System in Verbindung tritt, und ist absolut unerlässlich, wenn es um Interaktionsdesign geht. Denn Feedback ist in der User Experience nicht nur dafür da, den Nutzer beim Zurechtfinden und dem Durchführen von Aktionen zu unterstützen. Es soll auch dabei helfen, allgemein das System besser zu verstehen, Vertrauen aufzubauen und – ähnlich der Rückmeldung in der rein menschlichen Kommunikation – als Korrektiv zu dienen, indem es nicht nur anzeigt, mit was interagiert werden kann, sondern auch, mit was interagiert werden sollte.
Warum ist Feedback so wichtig? – Die Transparenz des Systems
Jedem Nutzer sind schon einmal Technologien begegnet, die nicht richtig funktionierten oder nicht durchdrungen werden konnten. Einer der Hauptgründe dieses Scheiterns der Mensch-Maschine-Interaktion liegt häufig an mangelndem oder gänzlich fehlendem Feedback. So will ein Nutzer z. B. etwas erstellen, drückt den korrespondierenden „Erstellen“-Button und ... es passiert nichts. Das System arbeitet zwar im Hintergrund, doch darüber wird dem Nutzer nichts mitgeteilt. Der Nutzer denkt sich demnach, dass ein Fehler vorliegt, den er vielleicht gar selbst begangen hat und anscheinend auch wieder selbst beheben muss. Also drückt er verunsichert mehrmals auf den „Erstellen“-Button, sodass er schlussendlich ungewollt ein Dutzend neuer Elemente erstellt oder das System tatsächlich aufgrund der vielen Anfragen einen Fehler auswirft.
Um dies zu vermeiden, sollte jede Aktion des Nutzers auch mit einem noch so kurzen Feedback versehen werden, welches anzeigt, dass die Aktion erkannt wurde und die Anfrage bearbeitet wird. Die Feedback-Anzeige muss dabei aber nicht immer direkt ins Auge stechen, sondern kann im Sinne einer fließenden Interaktion auch derart minimal gestaltet werden, dass die Systemrückmeldung nur unbewusst wahrgenommen wird. Der Nutzer will während der gesamten Interaktion schließlich das Gefühl der Kontrolle behalten und vom System die notwendigen Informationen erhalten, die ihm die folgenden Fragen beantworten:
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- Wo bin ich? → Standort/Position in einem System
z. B. wo auf der Webseite befinde ich mich?
- Wo bin ich? → Standort/Position in einem System
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- Was passiert gerade? → Der aktuelle Status
z. B. eine Anfrage wird gerade bearbeitet
- Was passiert gerade? → Der aktuelle Status
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- Was wird als nächstes passieren? → Zukünftiger Status
z.B. was passiert, wenn ich auf den Button drücke?
- Was wird als nächstes passieren? → Zukünftiger Status
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- Was ist gerade passiert? → Resultate
z. B. die Registrierung hat funktioniert
- Was ist gerade passiert? → Resultate
„Only by knowing what the current system status is can you change it — that is, you can overcome the gulf of evaluation and figure out what you need to do next in order to reach your goal.“
Das Feedback vom System sollte somit all die notwendigen Informationen liefern, damit der Nutzer den Systemstatus und die Interaktionsmöglichkeiten einfach verstehen sowie klare Entscheidungen treffen kann. Der Nutzer hat letztlich während der Interaktion ein klares Ziel vor Augen, welches er so schnell wie möglich erreichen will. Dies kann nur funktionieren, wenn Feedback direkt übermittelt wird und der Nutzer immer weiß, welche Maßnahmen er getroffen hat und zu welchem Ergebnis selbige führen. Dabei sollte aber auch nicht vergessen werden, dass das Feedback selbst immer zielführend und bewusst eingesetzt werden muss. Wird der Nutzer von zu vielen Rückmeldungen überfordert, führt dies andernfalls zu einer ähnlichen Verunsicherung, wie wenn ihm schlechtes oder gar kein Feedback präsentiert wird.
In diesem Abwägen des Einsatzes von Feedback liegt deshalb die eigentliche Herausforderung für Designer. Dabei geht es durch die vorherrschenden, immer leistungsstärkeren Systeme weniger um die Feedback-Berechnung, als um das Gestalten der notwendigen Transparenz, damit der Nutzer nachvollziehen kann, wofür ein Status steht und was das System macht. Da aber jeder Nutzer über unterschiedliche Erfahrungen im Umgang mit automatisierten Systemen verfügt, wodurch sich auch der Drang nach Feedback unterscheidet, ist es essenziell zu verstehen, wie diese Nachvollziehbarkeit für bestimmte Nutzer geschaffen werden kann und sich in der Feedback-Ausspielung manifestiert.
Kleine Dinge, große Wirkung – Feedback durch Microinteractions
Auch durch den Aufschwung von Mobile Devices und Social Media haben sich in den vergangenen Jahren kleine Funktionen und Animationen wie z. B. der Like-Button etabliert, die oft nur unterbewusst wahrgenommen werden, aber im Gesamtbild die Interaktion des Nutzers mit dem System leiten und unterstützen. Diese sogenannten Microinteractions werden entweder durch eine Aktion des Nutzers getriggert oder durch das System selbst, wobei durch die vorherrschende Wechselwirkung in beiden Fällen dem Nutzer Feedback präsentiert wird, welches den Status sowie Statusveränderungen wiedergibt oder Informationen zur Fehlervermeidung und -behebung präsentiert.
Eine der für die Nutzer auffälligsten Microinteractions ist das Ausspielen von Benachrichtigungen als Pop-ups oder Notifications. Auffällig vor allem deshalb, da sie den Nutzer im Flow unterbrechen können, wenn vom Nutzer eine Entscheidung gefordert wird (bspw. Zustimmung der Nutzungsbedingungen). Neben der Einforderung einer Entscheidung kann diese Microinteraction aber auch von Systemseite getriggert werden, wenn etwas im System nicht mehr funktioniert, worüber der Nutzer informiert werden muss. Möchte der Nutzer umgekehrt eine größere Aktion wie ein Update ausführen, triggert er gleichsam die Rückkopplung und wird darüber informiert, ob die Ausführung erfolgreich oder eben nicht erfolgreich war.
Andere Microinteractions helfen bei der Statusanzeige und möglichen Wartezeiten, die aufgrund des Systems oder anderen externen Faktoren, wie z. B. der Internetverbindung, auftreten können. Der Nutzer löst hierbei durch seine Aktion einen Ladevorgang aus, der im Gegensatz zum vorigen „Erstellen“-Button-Beispiel auch kommuniziert werden muss. Durch Ladeanimationen und Fortschrittsanzeigen kann ein solcher Ladevorgang visualisiert und die Zeitwahrnehmung beeinflusst werden, sodass der Nutzer auch weiß, dass das System im Hintergrund an der Erfüllung seiner gestellten Aufgabe arbeitet.
Um dem Nutzer Informationen über einen zukünftigen Status zukommen zu lassen, eignen sich hingegen sogenannte Hover-Effekte. Schwebt der Nutzer mit seinem Mauszeiger z. B. über einem Button, verändert dieser sogleich seine Farbe, Größe oder Form, um anzuzeigen, dass hier eine Aktion ausgeführt werden kann. Dies ist vor allem dann hilfreich, wenn das Interface hauptsächlich mit Symbolen arbeitet, deren Funktion vielleicht nicht sofort für jeden erkennbar ist. Eine Tooltip-Anzeige, die durch das Hovern getriggert wird, kann hierbei auch genutzt werden, um die Interaktionsmöglichkeit genauer zu beschreiben und dem Nutzer verschiedene Optionen aufzuzeigen, für die er sich entscheiden kann und dessen Aktionen jeweils unterschiedliche Resultate liefern.
Da Hover-Effekte jedoch nur auf Desktops funktionieren, wird bei Touchscreens zumeist mit bekannten User Interface Patterns und Symbolen gearbeitet, die für den Nutzer klar entzifferbar sind. So haben sich verschiedene Symbole wie z.B. das Haus-Icon, welches zurück zum Startscreen führt, oder das Zahnrad, welches zu den Einstellungen führt, etabliert und eine Allgemeingültigkeit erlangt. Alternativ zum Tooltip beim Hovern werden daher auch Symbole wie das eingekreiste „i“ für Info oder Fragezeichen verwendet, um darzustellen, dass hier weitere Informationen verfügbar sind.
Neben dieser stets wachsenden Anzahl an Microinteractions gibt es natürlich auch viele weitere Arten von Feedback, die teilweise auf den ersten Blick nur bedingt mit dem Thema Feedback Design in Verbindung gebracht werden. So können gemäß den Moments of Truth auch ganze Seiten, wie z. B. eine Dankesseite „Danke für ihre Bestellung“ in Kombination mit einer Bestätigungsmail, als Feedback für eine gelungene Bestellung genutzt werden. In solch wichtigen Fällen, in denen der Nutzer eine klare Sicherheit braucht, da es bei diesem Prozess zudem um eine Geldüberweisung geht, sollte auch das Feedback dementsprechend auffällig sein. Es ist daher unabdingbar immer abzuwägen, wie wichtig eine Interaktion war und dementsprechend das richtige Feedback zu wählen. Die Ausprägung des Feedbacks richtet sich dabei natürlich auch ganz allgemein an den jeweiligen Anwendungsbereich. So werden z. B. in der Luftfahrt oder Medizintechnologie bewusst deutlich stärkere Feedbacksysteme eingesetzt als im Consumer-Bereich üblich, um maximale Sicherheit zu gewährleisten.
Spielerische Interaktion – Feedback als Teil von Gamification Design
Da besonders positives Feedback Nutzer dazu motivieren kann, weiterzumachen und ihnen ein Gefühl des Erfolges vermittelt, ist es kein Wunder, dass Gamification Design eine immer größere Rolle bei der Feedback-Gestaltung einnimmt. Hierbei werden Spielmechaniken eingesetzt, die dem Nutzer neue Anreize bieten, z. B. in Form von Herausforderungen, Abzeichen oder Bestenlisten, um mit dem System kontinuierlich und gerne in Interaktion zu treten.
Vor allem bei der angestrebten Zielerreichung kann eine Gamifizierung des Systems dabei helfen, den Weg zum Ziel etwas launiger zu gestalten. Dem Nutzer kann mit einem Fortschrittsbalken nicht nur angezeigt werden, wie nahe er sich an seinem Ziel befindet, sondern diesen auch um Ermutigungsnachrichten („Weiter so“/„Nächsten Schritt erreicht“) oder Belohnungen erweitern, die nach dem Abschluss von Zwischenaufgaben in Form von Notifications oder Zertifikaten präsentiert werden. Der Nutzer weiß dadurch nicht nur genau, wo er sich gerade im Prozess befindet, er bekommt während seiner Reise auch das Gefühl des Fortschritts und Erfolgs vermittelt.
Gamification in Kombination mit Feedback-Mechanismen kann so auch eine recht komplexe Anwendung, die nur schwer zu durchdringen wäre, wenn der Nutzer direkt mit allen Funktionen konfrontiert werden würde, vereinfachen, indem der Nutzer Schritt für Schritt auf seiner Reise geleitet wird. Visualisierte Fortschrittsbalken mit zusätzlichen Zielen und Belohnungen fördern dabei nicht nur die Interaktion, sondern sorgen für einen einfachen Onboarding-Prozess und erhöhen gleichsam die gesamte Benutzerfreundlichkeit.
Direktes und korrektes Feedback für eine optimale User Experience
Feedback ist grundlegend für jedes interaktive System und unabdingbar für eine positive sowie barrierefreie Nutzererfahrung. Ein verunsicherter Nutzer, der sich während der Interaktion ständig fragen muss, warum etwas gerade so viel Zeit verschlingt oder ob er durch einen Klick einen Fehler begangen hat, ist ein Nutzer, der dem System immer mit einer gewissen Skepsis und Unzufriedenheit entgegentreten wird, anstatt Vertrauen in sich und die Mensch-Maschine-Interaktion zu setzen. Schlichte Indikatoren, welche die Interaktionsmöglichkeiten und Ladevorgänge klar aufzeigen, sollten daher das Mindeste sein, was von einer Anwendung verlangt werden kann.
Das Aufkommen verschiedenster Microinteractions und die Nutzung von spielerischen Elementen rücken die Feedback-Gestaltung aber zu Recht immer weiter in den Vordergrund und machen sie zu einem Innovationstreiber, der mit den stetig steigenden Nutzererwartungen Schritt halten muss. Für Designer geht es dabei vermehrt darum, wie sie ein transparentes System gestalten können, welches Nutzern mit unterschiedlichsten Backgrounds und Wissensständen die Nachvollziehbarkeit bietet, die sie zu einer optimalen Interaktion benötigen.
Zudem beeinflusst die Qualität und das Erscheinungsbild des Feedbacks nachweislich auch direkt, wie Nutzer eine Marke inklusive Werte wahrnehmen, was seine Wichtigkeit in Bezug auf das Gesamtbild auch außerhalb eines Systems nur weiter unterstreicht. Wer bei einer Servicehotline nicht durchkommt oder ein Produkt samt unverständlicher Bedienungsanleitung erwirbt, überlegt schließlich auch zweimal, ob er dem Anbieter nochmals eine Chance gibt.
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Quellen:
www.nngroup.com/articles/progress-indicators
www.nngroup.com/articles/visibility-system-status
www.nngroup.com/articles/microinteractions
Eigene verlinkte Artikel:
CUI:
Conversational User Interfaces – wenn Mensch und Maschine in den Dialog treten
User Experience:
Was bedeutet User Experience – Der Weg zum unverzichtbaren Bestandteil heutiger Produkte & Services
Timing in UX:
Timing in UX – Wie Zeit Interaktion beeinflusst
UI Patterns:
UI-Patterns — Referenzpunkte für ein besseres Visual Design
MOTs:
Moments of Truth – Momente der Wahrheit
Gamification:
https://www.forwerts.com/articles/?artikel=gamification-spielerische-motivation